
Schaut hin bei Menschenhandel!
Jedes Jahr werden weltweit Millionen Erwachsene und Kinder verkauft und ausgebeutet. Sie landen in der Zwangsprostitution, Bettelei und vieles mehr - auch in der Region Ostwestfalen-Lippe. Die Frauenberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel, NADESCHDA, rief zusammen mit der Gleichstellungsstelle Paderborn und anderen zur Aktion „Blue Blindfold“ auf, das in Deutsch „Schau hin bei Menschenhandel!“ bedeutet.

Rechte von Betroffenen von Menschenhandel stärken!
Betroffene von Menschenhandel haben das Recht auf Schutz und Unterstützung. Dies hängt aber von ihrem Aufenthaltstitel ab. Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, einen neuen Aufenthaltstitel für Betroffene zu schaffen. Anlässlich des Internationalen Tages gegen Menschenhandel am 30. Juli fordert der KOK – Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. - die Bundesregierung auf, ihr Versprechen auf einen neuen Aufenthaltstitel für Betroffene von Menschenhandel einzulösen. Der Auftrag im Koalitionsvertrag ist deutlich: „Auch Opfer von Menschenhandel sollen ein Aufenthaltsrecht unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft erhalten.“

Nur die Spitze eines Eisberges sichtbar ohne Kontrollen
Mit Blick auf den Internationalen Tag gegen Menschenhandel richtet sich die NRW-Vernetzung der spezialisierten Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel an die politischen Entscheidungsträger*innen und stellt drei Forderungen.
- Die Polizei braucht mehr Mittel und Möglichkeiten, um Menschenhandel als Kontrolldelikt verfolgen zu können. Für die Verfolgung der Täter*innen müssen Strukturen aufgedeckt und zerstört werden. Dazu bedarf es der Ermittlungen und Einsätzen durch die Polizei und viele aussagebereite Zeuginnen.
- Es ist dringend notwendig, dass die Polizei, auch die Schutzpolizei, regelmäßig geschult wird mit dem Fokus Ausbeutung und Menschenhandel.
- Die vorhandenen NRW-Runderlasse zu Menschenhandel von 1994 müssen endlich aktualisiert werden.

Opferschutz thematisieren
Als Lina S. (Name geändert) in ein Mehrparteienhaus zieht, ahnt sie nicht, dass jemand nur wenige Monate später mutmaßlich einen Mordanschlag auf sie verüben wird. Als sie im Waschkeller an ihre Waschmaschine tritt, bekommt sie einen Stromschlag – eine perfide Falle. Ein abgeschnittenes Stromkabel ist mit dem metallischen Gehäuse der Waschmaschine verbunden. Bewusstlos bleibt sie liegen. Es ist der Höhepunkt einer monatelangen Eskalation.

Im Austausch mit der Politik
Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung war Thema am diesjährigen Internationalen Frauentag von Bundestagsabgeordneten Stefan Schwartze und seinem Mitarbeiter Karsten Dogar (beide SPD) in der Fachberatungsstelle NADESCHDA. Informationen zur Arbeit und insbesondere über das so genannte Empowerment-Projekt führten zu regem Austausch mit der Beraterin Lisa Dockhorn und Pfarrerin Birgit Reiche, Leiterin der Beratungsstelle.

108 betroffene Frauen von Menschenhandel in OWL
Frau Li und ihre Familie, aus dem asiatischen Raum kommend, geraten in eine finanzielle Notsituation. Eine gute Bekannte der Familie bietet Frau Li ihre Unterstützung an und findet eine Arbeitsstelle in Deutschland. Die Bekannte kümmert sich um die Organisation und Vorbereitung der Reise nach Europa. Nach nur wenigen Wochen kommt Frau Li in Spanien an, von dort wird sie nach München gebracht, wo sie gegen ihren Willen der Prostitution nachgehen soll. Nach ein paar Monaten findet Frau Li eine Möglichkeit der Flucht und mit der Unterstützung eines Mannes kommt sie in Bochum an und stellt einen Asylantrag.